Christrose, Nieswurz, Helleborus – Winterblüher für den Naturgarten

Die schneeweißen Blüten der Christrosen blitzen uns mit Beginn der Adventszeit aus winterlichen Dekos und von den Verkaufstischen der Gärtnereien entgegen. Meist handelt es sich dabei um besonders früh blühende Sorten unserer heimischen Wildpflanze Helleborus niger, der Schwarzen Nieswurz. Die heimischen Nieswurz-Arten und ihre naturnahen Auslesen und Sorten sind überaus wertvolle und attraktive Stauden für den naturnahen Garten.

Zur Gattung Helleborus gehören neben der Christrose, Schneerose bzw. Schwarzen Nieswurz (Helleborus niger) auch noch die Grüne Nieswurz (Helleborus viridis) und die Stinkende Nieswurz (Helleborus foetidus). Wie viele ihrer Verwandten in der Familie der Hahnenfußgewächse, wie z.B. Akelei, Winterling, Trollblume, Sumpfdotterblume und natürlich die verschiedenen Hahnenfußarten sind auch die Nieswurze giftig.

Die drei Nieswurzarten sind in Deutschland indigen*, also in dem Sinne einheimisch, dass sie bereits seit der letzten Kaltzeit vor über 10.000 Jahren hier vorkommen. Dies bewahrt sie allerdings nicht davor, in unserer Natur nur noch sehr selten, und deshalb nach Bundesartenschutzverordnung geschützt zu sein. Ihre bekannten Vorkommen liegen v.a. im südlichen Teil Deutschlands**. Viele Vorkommen, v.a. von der Unterarten der Westlichen Grünen Nieswurz (Helleborus viridis ssp. occidentalis) stammen vermutlich aus verwilderten Pflanzen z.B. aus Schloss- und Klostergärten*.

Garten-Sorte der Christrose

Helleborus im Naturgarten
Im naturnahen Garten darf die Nieswurz nicht fehlen. Mit ihrer extrem frühzeitig im Jahr erscheinenden Blüte ist sie neben Schnee-Heide (Erica carnea) und Frühjahrsgeophyten ein wichtiger Nektar- und Pollenlieferant für Hummeln und andere früh aktive Insekten.

Für die naturnahe Gartengestaltung mit Wildpflanzen sind v.a. die Schwarze und die Stinkende Nieswurz wunderbar geeignet. Sie sind in den guten Wildstaudengärtnereien in Bio-Qualität erhältlich. Auch gibt es dort naturnahe Sorten wie die besonders früh blühende Helleborus niger ‚Preacox‘, eine Auslese der heimischen Christrose, die bereits ab November bis in den März zur Blüte kommt, und die Purpur-Christrose (Helleborus orientalis), auch Lenzrose genannt. Sie entfaltet ab Februar ihre äußerst attraktiven weinroten Blüten. Ein wunderbarer Kontrast mit ihren immergrünen Blättern im frühlingshaften Garten.

Hummelköniginnen nehmen nach ihrer Winterruhe das Nektarangebot der Stinkenden Nieswurz gerne an

Von Natur aus kommen alle heimische Helleborus-Arten in Buchen-, Eichen- oder Laubmischwäldern vor. Sie sind dort z.B. mit der Schwarzen Heckenkirsche (Lonicera nigra), dem Wilden Alpenveilchen (Cyclamen purpurascens), der Strauch-Kronwicke (Coronilla emerus), der Ästigen Graslilie (Anthericum liliago), dem Salomonsiegel (Polygonatum odoratum), dem Immenblatt (Melittis melissophyllum) und vielen anderen durchaus gartentauglichen Pflanzen vergesellschaftet.

Im Garten gedeihen Schwarze und Stinkende Nieswurz und ihre naturnahen Sorten dementsprechend am besten im Bereich von Gehölzen und in Säumen entlang von Hecken, Mauern oder Zäunen. Sie bevorzugen einen durchlässigen, kalkhaltigen und humosen Boden und eine Laubmullschicht im Wurzelbereich.

Helleborus foetidus im winterlichen Naturgarten

Gestaltung mit Helleborus-Arten
Helleborus foetidus ist im Naturgarten quasi unersetzlich für Pflanzungen im trockenen Schatten. Sie kann dort beispielsweise neben Schnee-Marbel/Hainsimse (Luzula nivea), Waldmeister (Galium odoratum) und Salomonsiegel (Polygonatum odoratum) als Leitstaude und Strukturpflanze in traumhaften weiß-grünen Flächenpflanzungen verwendet werden. Freilich gibt es noch viele weitere attraktive, insektenfreundliche und auch wilde und artenreiche Wildpflanzenkombinationen

Die Stinkende Nieswurz wirkt mit ihrem stattlichen bis etwa 60 cm hohen Wuchs als solitäre Einzelstaude sehr gut. In etwas größeren Pflanzflächen setzt man 3 oder 5 Stauden im Abstand von je gut 50 cm.
Ebenso sollte man bei der Verwendung der Lenzrose verfahren, da sie auch mit der Zeit einen recht stattlichen Wuchs entwickelt.

Gestalten mit Holz und Christrose

Die Schwarze Nieswurz bleibt mit bis zu 40 cm Wuchshöhe etwas kleiner als ihre Verwandte und wirkt in kleinen Gruppen von 3-5 Stück mit einem Pflanzabstand von etwa 35 cm besonders gut. Am Beetrand oder in Ecken z.B. neben Totholzästen, Steinen oder Einfassungen kommt sie auch solitär wunderbar zur Geltung.

Ein Saum vor einer Wildstrauchhecke mit Heckenkirschen (Lonicera nigra, L. alpigena, L. xylosteum und L. caerulea), Strauch-Kronwicke (Coronilla emerus), Gewöhnlicher Pimpernuss (Staphylea pinnata), Seidelbast (Daphne mezereum) und Kornelkirsche (Cornus mas) oder eine Pflanzung unter sommergrünen Gehölzen ist extrem pflegearm und zauberhaft.

Auch für naturnahe Friedhofs- und Grabgestaltungen sind Nieswurzarten eine sehr gute Pflanzenwahl.

Pflege
Pflegeärmer geht es kaum. Denn die Nieswurze im Garten sollten einfach in Ruhe gelassen werden. Sie lieben aufgrund ihrer natürlichen Wuchsbedingungen in Laubwäldern eine schützende und Nährstoffe liefernde Laubstreu. Herbstlaub darf und sollte also liegenbleiben, und jegliche Bodenbearbeitung oder ein „Putzen“ des Beetes ist absolut unnötig. Denn die Regenwümer und übrigen Bodenorganismen zersetzen das Laub und sorgen für einen humusreichen, lockeren, belebten Boden. Es schadet auch nicht, die welken Blätter dran zu lassen – sie verschwinden mit dem Wachstum der jungen Blattfächer von alleine unter dem frischen Grün. Umpflanzen sollten man die Helleborus-Pflanzen möglichst nicht. Sie werden umso schöner, je länger sie sich an ihrem Platz frei entwickeln können und bilden mit der Zeit wunderbar verwilderte Bestände.

Helleborus niger neben Bärlauch – verwildern erwünscht


* Quelle: Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands, Henning Haupler, Thomas Muer, Eugen Ulmer Verlag 2007
** vgl. Verbreitungskarten der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands in FloraWeb